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Hier die Eingabe vom "Verband Wohneigentum". Diese Eingabe stützt sich auf die Petition aus Northeim:
sehr geehrte Damen und Herren,
wir, der Verband Wohneigentum Niedersachsen e.V., unterstützen die o.g. Petition, in dem Sinne, dass eine gesetzliche Neuregelung des Erbbaurechts erforderlich ist.
Es muss ein gerechter Interessenausgleich zwischen Erbrechtsnehmer und Erbrechtsausgeber gefunden werden. Das Erbbaurecht ist mit der Erbbaurechts-Verordnung 1919 (seit 2007: Gesetz über das Erbbaurecht – ErbbauRG) als Instrument der Sozialpolitik für finanziell schwächere Bürger eingeführt worden. Die Regelungen haben nur marginale Änderungen erfahren, so etwa die Einfügung des § 9a ErbbauRG, der Billigkeitsprüfung von Erbbauzinserhöhungen. Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere was das Zusammenspiel der Nettoeinkommen der Erbbaurechtsnehmer mit der Zinsberechnung, Vertragsverlängerung oder Grundstückskauf sowie der Entschädigungsregelung bei Heimfall betrifft, ist eine gesetzliche Neuregelung erforderlich. Zumindest eine erbrechtsnehmerfreundliche Auslegung wäre den Erbrechtsausgebern aufzuerlegen.
Der Konflikt zwischen den Erbbaurechtsberechtigten in der Stadt Northeim und der Klosterkammer Hannover ist nur aufgrund der jetzigen Rechtsgrundlage möglich. Einzelheiten zum konkreten Fall hat die Interessengemeinschaft ausführlich dargelegt. Die überproportionalen Steigerungsraten des Erbbauzinses sind nicht nur dort ein Problem. Verschärft wirkt sich die Schieflage der Verhandlungspositionen in Ballungsräumen wie Frankfurt, Stuttgart, München oder auch in kleineren dicht besiedelten Kommunen wie Freiburg aus. In der Vergangenheit wurden uns schon Fälle bekannt, in denen bei einer Erneuerung des Erbbaurechts der Zins auf mehr als 5.000 € pro Jahr sprangen. Dies führt auch bei einem etwas höheren Lohnniveau zu untragbaren Ergebnissen und konterkariert offensichtlich den sozialen Aspekt des Erbbaurechts.
Aus Sicht des Verbands Wohneigentum Niedersachsen e.V., dem mit rund 50.000 Mitgliedsfamilien landesweit größten Verband selbstnutzender Wohneigentümer, muss an mehreren Stellen nachgebessert werden, um der heutigen Situation der betroffenen Familien gerecht zu werden. Ziel ist, auch durch das Instrument des Erbbaurechts ein familienfreundliches, altersgerechtes und bezahlbares Wohneigentum – nicht zuletzt als Altersvorsorge – zu ermöglichen. Ergänzend zu den Ausführungen der Interessengemeinschaft geben wir daher folgende Punkte zu bedenken:
1. Die vereinbarte Laufzeit sollte generell 75 Jahre nicht unterschreiten. Dies kommt in etwa mit der durchschnittlichen Lebensdauer eines Bauwerkes überein und entspricht der Wirtschaftlichkeit der Investitionen in ein Wohnhaus. Zumal die im Laufe dieser Jahrzehnte üblichen werterhaltenden und steigernden Modernisierungen wirtschaftlich sein müssen, für die der Staat in verschiedenen Förderprogrammen Gelder zur Verfügung stellt (z.B. energetische Sanierung, Einbau erneuerbarer Energien, barrierefreier Ausbau). Auch die Einbeziehung der selbstgenutzten Wohnimmobilie in die geförderte Altersvorsorge – Wohn-Riester – darf durch ungünstige Zeitbeschränkungen nicht ins Leere laufen.
2. Der Erbbaurechtsnehmer sollte einen Rechtsanspruch auf Verlängerung seines Vertrages bei regulärem Ablauf des Altvertrags erhalten. Momentan ist nach § 2 ErbbauRG nur die Einräumung eines Verlängerungsvorrechts bei Neuvergabe und Vorkaufsrecht im Falle eines Verkaufs vorgesehen.
3. Die Berechnungsgrundlage des Erbbauzinses ist eindeutig festzulegen. Zur Zeit können hier verschiedene Vereinbarungen getroffen werden, die der Erbrechtsausgeber als der stärkere Vertragspartner in der Regel bestimmt. Der Gesetzgeber könnte beispielsweise den Grundstückswert (nach Bewertungsgesetz) zugrundelegen sowie soziale Gesichtspunkte wie Einkommensverhältnisse (begrenzt wie bei Anspruch auf Bausparprämie o.ä), Zahl der Kinder usw. berücksichtigen.
4. Die Anpassung des Erbbauzinses an geänderte wirtschaftliche Verhältnisse muss so geregelt sein, dass eine Gesamtschau der wirtschaftlichen Situation vorangeht. Neben den Lebenshaltungsindex (der zuletzt vor allem wegen Energiekosten rapide gestiegen war, d.h. Kosten, die ohnehin schon den Eigenheimbesitzer belasten) muss die Entwicklung der Nettoeinkommen sowie der Gebühren, Steuern und Auflagen rund ums Haus treten.
5. Dem Erbrechtsnehmer sollte ein Rechtsanspruch auf käuflichen Erwerb des Grundstücks eingeräumt werden, jedenfalls sofern dem Grundeigentümer eine Ersatzbeschaffung von gleichartigem Grund und Boden möglich und zumutbar ist. Viele Erbbaurechtsnehmer, insbesondere junge Familien, wären am Erwerb interessiert, sobald die ersten Jahre der Abbezahlung des Gebäudes hinter ihnen liegen und die durch das Erbbaurecht genutzte Verbilligung des Hauserwerbs die Möglichkeit zu erneuter Investition eröffnet (Streckung des Erwerbs von Haus und Grund durch Erwerb nacheinander). Die Aussicht auf Grundstückserwerb würde zu vermehrten werterhaltenden Investitionen ermuntern. Das selbstgenutzte Wohneigentum als Altersvorsorge würde hiermit gestützt.
6. Bei Beendigung des Erbbaurechts ist dem Erbbauberechtigten der Verkehrswert des Gebäudes zu ersetzen. Die nach § 27 Abs. 2 ErbbauRG vorgesehene Mindestentschädigung von zwei Dritteln des Wertes – und dies auch nur für „minderbemittelte Bevölkerungskreise“ – ist nicht gerechtfertigt. Die Regelung stammt aus einer Zeit, in der die Erschließungskosten und sonstige Beiträge, Gebühren und Abgaben vom Grundstückseigentümer zu tragen waren. Diese Kosten trägt mittlerweile der Erbbaurechtsnehmer. Die hierdurch erreichte Wertsteigerung fällt bei Rückgabe komplett dem Erbbaurechtsausgeber zu, ohne dass ein angemessener Augleich geschuldet wird.
7. In der Praxis wird berichtet, dass manche Erbrechtsausgeber die Wiedervergabe des Erbbaurechts an die Zustimmung zur Erhöhung des Zinses knüpfen. Dem Erbbaurechtsnehmer wird dabei eine Billigkeitsprüfung nach § 9a ErbbauRG faktisch unmöglich gemacht, da er auf die Vertragsverlängerung angewiesen ist. Eine solche Koppelung ist vom Gesetzgeber zu unterbinden.
8. Schließlich ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass gerade derjenige Bürger, der nicht mehr im aktiven Erwerbsleben steht, sondern von Renteneinkünften lebt, in der Situation der Vertragsverlängerung der deutlich schwächere Vertragspartner ist. Der soziale Aspekt des Erbbaurechts muss sich dann bewähren und zum Schutz des Betroffenen greifen.
Wenn die Petition der „Interessengemeinschaft von Erbbauberechtigten in der Stadt Northeim“ die Wohnungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitiker für die grundsätzlich Problematik sensibilisiert, könnte über die Probleme des konkreten Falls hinaus die Situation für alle Erbbaurechtsnehmer maßgeblich verbessert werden. Wir bitten daher um wohlwollenden und engagierte Prüfung des konkreten Anliegens als auch der allgemeinen Rechtslage für Erbbaurechtsnehmer.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Wegner
Vorstandsvorsitzender